Kritik der Anti-Kommunismus-Propaganda

Links:


Peter Möller – „Probleme der marxistischen Staatstheorie“:

geschichtliche Hinweise zur Übergangsgesellschaft zwischen kommunistischer Revolution und kommunistischer Gesellschaft sowie zur Abgrenzung vom realen Sozialismus anhand der Pariser Kommune

Zeitschrift „Gegenstandpunkt“ 1-2004, Seiten 63 ff.:

Artikel „Warum wir nicht mit einem „durchdachten planwirtschaftlichen Konzept“ für den Kommunismus werben“

MSZ 19, Oktober 1977:

Artikel
„Sowjetunion heute“


Kommunismus – der Begriff:


„Kommunismus“ ist ein Begriff, den die meisten Kommentatoren mit nachgeplapperter oder seltener hausgemachter Ideologie zuschütten, um ihrer Abneigung gegen jedwede Infragestellung des Kapitalismus zu frönen. So wird man belehrt über ganz Diametrales, über ein der Menschennatur widersprechendes, unerreichbares Ideal oder über ein Horrorgespenst, das im Ostblock real umging und von der Lichtgestalt Demokratie noch immer nicht vollständig (siehe Nordkorea) ausgerottet werden konnte. Diesen Ideologien seien gegenübergestellt einige abstrakte Klarstellungen.

Kommunismus als gesellschaftliche Umsetzung der Kapitalismuskritik bedeutet:


Auf Konkretisierungen wird verzichtet. Wie der Kommunismus von den beteiligten Personen im Einzelnen gestaltet würde, wäre deren Entscheidung und nicht diejenige des Verfassers, der kein Romancier ist. Anfragen dergestalt, wie was mit wem um Gottes willen denn funktionieren soll, sind daher zwecklos.

Kommunismus contra Menschennatur:


Die eher pseudowissenschaftlich daherkommende Variante der Anti-Kommunismus-Polemik behauptet, mit der sozialen Kompetenz des Menschen stehe es von Natur her schlecht. Der freie Zugang zu den weltlichen Genüssen verleite zum Missbrauch per unterlassener Arbeitsleistung und übermäßigem Konsum sowie zu Machtgelüsten des genetisch angeblich auf Hierarchie gepolten Menschen. Unterstellt ist dabei die Narretei kapitalistisch-konditionierter Verhaltensweisen im Kommunismus, die dort fehl am Platze sind und ins Leere laufen:

„Man erklärt die eingestandenen Absurditäten der „Marktwirtschaft“ für rational, nämlich passend für das irrationale Mängelwesen Mensch, und alle Zwänge des Geldverdienens und Sich-Einteilens für heilsam, nämlich im Hinblick auf den angeborenen schlechten Charakter der Menschheit: Anders als per „Zuckerbrot und Peitsche“ könnte „Wirtschaften“ doch, wie alle Erfahrung lehrt, gar nicht funktionieren. Würden die Konsumenten nicht hamstern und endlos Güter wegtragen, wenn sie nicht dafür bezahlen müssten? Würden die Hersteller ohne den Zwang der Konkurrenz Qualitätsware liefern, und zwar von den Gütern, die gebraucht werden; ja würden sie überhaupt produzieren und nicht faulenzen? Wer würde noch sparen, investieren und aufwendige Technik zur Verfügung stellen, wenn ihm dafür kein Entgelt winkt? Wer würde noch lernen, fordernde Berufe ergreifen, Verantwortung übernehmen, wenn ihm dafür nicht das zwei- bis zweihundertfache des Normallohns geboten wird? Wer so fragt, der hat eine wahrhaft erstklassige zirkuläre Beweisführung im Sinn. Der setzt nämlich alle Elemente der kapitalistischen Ökonomie voraus und stellt die unerfüllbare Forderung, man sollte ihm sagen, wie das denn anders gehen sollte. Er unterstellt die fortdauernde Armut und Trennung der Konsumenten von den Gegenständen ihres Bedarfs, so dass sie wohl die Magazine plündern würden, wenn einmal kein Aufpasser davor stünde. Ebenso unterstellt er Produzenten, die alles andere wollen, als die Mittel der Bedürfnisbefriedigung herzustellen, so dass sie zu ihrem Dienst am Bedarf durch ein Profitchen gelockt und gezwungen werden müssen. Usw.“
Artikel „Warum wir nicht mit einem "durchdachten planwirtschaftlichen Konzept" für den Kommunismus werben“, Zeitschrift „Gegenstandpunkt“ 1-2004, Seiten 63 ff.

Wer etwa im Kapitalismus einschlägige Armutserfahrungen hat und es gewohnt ist mit traurigem Hundeblick die vollen Supermarktregale zu begutachten, würde – auf wundersame Weise in den Kommunismus versetzt – dort ob des freien Zugangs zu allen lebensnotwendigen Gütern ohne Kenntnis der dortigen gesellschaftlichen Regeln womöglich zum Plünderer mutieren. Denn was man aus den Magazinen erst mal beiseite geschafft hat, kann einem so schnell nicht wieder weggenommen werden, sobald die scheinbar anarchischen Zustände der Rückkehr des Armutssystems und der Polizeigewalt gewichen sind. Diese Kalkulation würde natürlich nicht aufgehen und wäre deplatziert. Dem Scheindelinquenten würde mangels Eigentums sowie Strafrechts kaum Plünderei, sondern irrationale Hortung vorgeworfen und – so der Vorschlag meiner Wenigkeit – er zu einem Lehrgang in kommunistischen Spielregeln, insbesondere über die Abwesenheit des Zivil- und Polizeirechts, vergattert werden.

Einige Perlen derartiger theoretisch verbrämter Anti-Kommunismus-Propaganda im Internet:

„Denn auch wenn die Ideen des Kommunismus oder Sozialismus eigentlich gar nicht so dumm sind, so hat es nie funktioniert, einen Staat konsequent nach solchen Regeln zu führen. Denn immer gab es Menschen, die gleicher als die anderen sein wollten, sie wollten nämlich doch herrschen und eigenen Besitz haben. Das waren meistens die Leute, die in der Politik das Sagen hatten.

So sind die guten Ideen an denen gescheitert, für die sie gemacht wurden, nämlich an den Menschen.“

„Was ist was“, Artikel „Was ist Kommunismus?“

Ohne auch nur einen Gedanken an die Frage zu verschwenden, wie sinnvoll es denn ist, in einem Atemzug mit Kommunismus von „Politik“ oder gar vom „Staat“, immerhin ein Herrschaftsinstrument und Produkt einer Klassengesellschaft, zu schwadronieren, wird dem Kommunismus das Funktionieren unter derartigen Umständen abgesprochen mit dem saudummen Argument, die „Leute, die in der Politik das Sagen hatten“, also die Politiker, wären nun mal macht- und besitzgeil. Klar doch, ist ja schon fast eine Tautologie. Der Staat, der von der Politik geführt wird, ist eine Gewaltorganisation zur Aufrechterhaltung und Optimierung des Kapitalismus und keineswegs ein Medium, in dem sich Kommunismus abspielen könnte. Im Zusammenhang mit der kommunistischen Revolution schon mal was vom „Absterben des Staates“ gehört?

Wer hier zur Beweisführung auf Zitate der kommunistischen Klassiker bestehen sollte, dem sei geholfen, um dem Anarchismusverdacht zu entkommen. Engels schrieb im Anti-Dühring über die Zeit nach der proletarischen Revolution:

„Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum, aber damit hebt es sich selbst als Proletariat, damit hebt es alle Klassenunterschiede und Klassengegensätze auf und damit auch den Staat als Staat.“ (MEW 20/261)

Und:

„Das Eingreifen einer Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiet nach dem anderen überflüssig und schläft dann von selbst ein.“ (MEW 20/262) –
Marx-Engels-Werke, Band 20, „Anti-Dühring“

Und wenn man die Politiker als kommunismusunfähig oder -feindlich bloßgestellt hat, kann man dieses Argument ja flugs auf die „Menschen“ schlechthin ausdehnen, für die die „guten Ideen gemacht wurden“. Die eifern den Herrschenden und deren Erfolgskriterien ja nach, anstatt sie standesgemäß zu entsorgen. Dann ist man dort, wo man hinwollte: Kommunismus ist wegen des Egoismus im Menschen ein Ding der Unmöglichkeit!

Nächster Versuch:

„Kommunismus funktioniert bei staatenbildenden Insekten scheinbar zu einem hohen Grad, ist aber für Lebewesen mit hoher Individualisierung und weitgehend egoistischer Grundausrichtung nicht praktikabel. …
Anthropologisch gilt, daß ausnahmslos alle sozialen Systeme (Großgesellschaften, Firmen, Familien) strikt hierarchisch gegliedert sind. Je informeller und nicht-institutionalisierter ein soziales System ist (Banden, Vereine, Freundschaften), desto stärker wirken darin die erblich verhaltenssteuernden Muster der Rangbildung. Wenn tatsächlich einmal Menschen als „Gleiche“ und „auf Augenhöhe“ miteinander umgehen, so darf mit zwingender Sicherheit geschlossen werden, daß sie darin einen Modus gefunden haben, ganz ohne Worte auf andere herabzusehen.

Der Kommunismus strebt die Gleichheit aller Menschen an und sucht dieses Ideal durch die Herstellung einer neuen gesellschaftlichen Ordnung zu verwirklichen, die einen neuen und besseren Menschen ermöglichen soll. Kritiker sehen darin Gleichmacherei, Nivellierung von Wertunterschieden und aufgenötigte Zwangsideale, die bloß von einer Clique von Intellektuellen ausgehen, aber nicht dem Willen des Volkes entsprechen.
Konservative Denker verweisen dagegen darauf, daß der Mensch nicht nur zum Guten befähigt ist und alle Versuche, die Besserung der Menschen durch künstliche Systeme zu erzwingen und die ideale Gesellschaft zu erzeugen, nur die Hölle auf Erden geschaffen haben. Die Umsetzung der kommunistischen Ideale ging historisch immer mit massivem Zwang von staatlicher Seite vor sich.“

Metapedia, Artikel „Kommunismus“

Dass mit dem letzten Satz wieder die Mär vom Kommunismus im Staat aufgewärmt wird – geschenkt, hatten wir schon. Interessanter ist da schon der aufgemachte Gegensatz Kommunismus versus Individualismus und die Gleichsetzung Individualismus = Egoismus. Marx, der sich erdreistete, den Kommunismus mit der Sentenz „Jedem nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ zu charakterisieren, wird man schon die Vorstellung von der Verwirklichung des Individualismus zugute halten müssen. Insofern entpuppt sich die angebliche kommunistische Gleichschaltung der Menschen als purer Schmäh. Dass sich Insekten nicht gerade durch Individualisierung auszeichnen, mag zutreffen, was sollte aber ein Insektenstaat (da haben wir erneut den schon wieder nicht abgestorbenen „Staat“) mit Kommunismus gemein haben? Sollte man da als Leser mit der Assoziation Kommunismus = Insektenstaat subtil gehirnkonditioniert werden, im Vorwaschgang sozusagen?

Dass „anthropologisch … ausnahmslos alle sozialen Systeme (Großgesellschaften, Firmen, Familien) strikt hierarchisch gegliedert“ seien, ist ein Gerücht, das erst einmal bewiesen werden sollte, bevor es frech in die Welt hinausposaunt wird. Von Gegenbeispielen wird aufgrund ihrer Evidenz Abstand genommen. Nur so viel zur geschichtlichen Entwicklung:

„Mit dem Neolithikum ging als Folge der mit Ackerbau und Viehzucht verbundenen Sesshaftigkeit ein Anwachsen der Bevölkerung einher und die Herausbildung erster sozialer Unterschiede und Hierarchien.“ –
Wikipedia, Artikel „Matriarchat“

Im Übrigen würde ja die empirische Feststellung einer Hierarchie in allen bisherigen „Großgesellschaften“ noch nicht zwangsläufig diejenige im Kommunismus implizieren, denn der würde ja erstmals die materielle Versorgung der gesamten Bevölkerung (und nicht nur privilegierter Klassen) mit all denjenigen Gütern garantieren, die sie herzustellen in der Lage ist und die ihren Lebensbedarf decken. Und das wäre schon ein Novum, weil damit ein wesentlicher Grund für eine gewalttätige Hierarchie zwecks asymetrischer und nicht am Bedarf aller Mitglieder der Gesellschaft orientierter Verteilung dieser Güter entfiele – man erinnere sich an die eingangs skizzierte Charakteristik des Kommunismus wie Wegfall von Eigentum und Geld.

Hierarchie und insbesondere ein damit einhergehendes Gewaltverhältnis sollte übrigens nicht mit Autorität im Sinne von Wissens- bzw. Kompetenzvorsprung verwechselt werden, also nicht mit einer Art von Hierarchie der Vernunft. Die ist ja wohl systemunabhängig. Wenn die Urteile eines kompetenten und erfahrenen Menschen nicht deshalb akzeptiert werden, weil er in der Hierarchie weiter oben steht, sondern weil er sich in der Vergangenheit als klug und entscheidungssicher erwiesen hat, wenn also solchen Urteilen (nicht Befehlen) gemeinhin vertraut wird, ohne sie in jedem neuen Fall einer umfangreichen Überprüfung zu unterziehen, wird man das nicht einem Gesellschaftssystem, sondern allenfalls der angeborenen Trägheit des Menschen anlasten können.

Und damit man nicht an empirischen Gegenbeispielen irre werden kann, wird die erfundene „Rangbildung“, der man nirgendwo entgehen könne, als „erblich“ bedingte Verhaltenssteuerung umgelogen. Es kann also gar nicht sein, was nicht sein darf. Und selbst wenn gar keine Hierarchie auszumachen ist, muss sie doch existieren, verborgen in den Köpfen, indem sein Erbe den Menschen trickreich dazu zwingt, „ganz ohne Worte auf andere herabzusehen“. Na wenn‘s nur das ist.

Wenn sich der Kommunismus erdreisten sollte, die natürliche Hierarchie abzuschaffen, muss dies ja einhergehen mit einer Manipulation der Menschen hin zu gleichgeschalteten Zombies, einer „aufgenötigten“ „Gleichmacherei, Nivellierung von Wertunterschieden“. Zu so was kommt man, wenn man unterstellt, dass Kommunismus eine psychologische Zwangstherapie zur Kreation eines „neuen und besseren Menschen“ sein soll, anstatt schlicht in Rechnung zu stellen, dass mit einer Beendigung der kapitalistischen Zwänge der so befreite Mensch planbare und befriedigendere Lebensumstände vorfinden wird. Dazu braucht er weder „neu“ noch „besser“ zu werden. Kommunismus ist keine verhaltenspsychologische Therapieanstalt.

Das Gleiche in grün:

„Das liegt auch daran, dass das Menschenbild des nicht selbstinteressierten, sondern ausschließlich gruppenbezogenen und gesellschaftlich bewussten Individuums allen bisherigen Erfahrungen über die Natur des Menschen widerspricht. Die notwendige Umerziehung, mit deren Hilfe auch ggf. andere konzeptionelle Mängel einer kommunistischen Ordnung kompensiert werden sollen, birgt die große Gefahr, dass sich der humane Charakter des Kommunismus in sein Gegenteil verkehrt.“
„Gabler Wirtschaftslexikon“, Stichwort „Kommunismus“

Kritik: Siehe oben.

Anstatt nun weiter philosophisch über den sozialen bzw. egoistischen bzw. aggressiven Menschen zu räsonieren, wird kommentarlos zitiert aus einem Bericht über eine Studie des Instituts für Wissenschaft komplexer Systeme an der MedUni Wien, bei der das Verhalten von über 400.000 Teilnehmern des "Virtual Life"-Spiels „Pardus“ im Web analysiert wurde. Zusammengefasstes Ergebnis:

„Auch ohne vorgegebene Regeln verhalten sich Menschen grundsätzlich sozial und eher ‚gut‘ als aggressiv. Das ist zusammengefasst das Ergebnis einer Studie des Instituts für Wissenschaft komplexer Systeme an der MedUni Wien, bei der das Verhalten von über 400.000 Teilnehmern des ‚Virtual Life‘-Spiels ‚Pardus‘ im Web analysiert wurde.

Nur zwei Prozent aller Handlungen sind aggressiv, obwohl das Spiel etwa auch kriegerische Attacken mit Raumschiffen ganz einfach ermöglichen würde.

Das von Szell entwickelte Online-Game ‚Pardus‘ gibt keinerlei Regeln vor, jeder kann mit seinem Avatar - also mit seiner Spielfigur in der virtuellen Welt - leben, wie es ihm beliebt. ‚Und dennoch wird keine Anarchie gelebt‘, so Thurner. ‚Die Teilnehmer organisieren sich selbst als soziale Gruppe mit gutem Willen. Fast alle Aktionen sind positiv.‘

Thurner und sein Team konnten anhand der Muster auch darlegen, dass das Spiel durchaus ein Abbild der Realität ist.“
„Studie: Menschen verhalten sich auch ohne Regeln sozial“

Nicht unerwähnt soll auch bleiben das Buch von Joachim Bauer, „Prinzip Menschlichkeit – Warum wir von Natur aus kooperieren“:

„Seine These: Der Mensch ist nicht in erster Linie auf Konkurrenz und Egoismus eingestellt. Seine Motive zum Handeln wurzeln vielmehr in dem Streben, Zuwendung und Wertschätzung von anderen Menschen zu erfahren. …
‚Das Ergebnis verblüffte selbst die Fachwelt‘, erklärt Bauer in seinem Buch. ‚Das natürliche Ziel der Motivationssysteme sind soziale Gemeinschaft und gelingende Beziehungen mit anderen Individuen.‘ Dabei gehe es nicht nur um persönliche Beziehungen, sondern um ‚alle Formen sozialen Zusammenwirkens.‘ Daraus zieht Bauer den Schluss: Kern aller Motivation sei es, ‚zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung oder Zuneigung zu finden und zu geben.‘ …
Ethische oder religiöse Argumente sind nicht nötig, um in der Wirtschaft den Blick für Kooperation zu schärfen – und von einem überzogenen Egoismus Abschied zu nehmen. Denn die Naturwissenschaft beweist: Menschen haben durch ihre Biochemie stärkere Anlagen zur Zusammenarbeit, als es das tradierte Menschenbild der Ökonomie wahr haben will. Wer nur mikroökonomischen Modellen folgt, rechnet aus, wie der ‚homo oeconomicus‘ seinen Nutzen oder Profit maximiert.“

Artikel „Kooperation motiviert uns Zusammenarbeit macht Menschen glücklicher“

Das „Philosophenstübchen“ hat diesem Buch einen dreiteiligen Artikel „Das Prinzip Menschlichkeit“ gewidmet, zu finden unter:

Und wer Wert auf die philosophischen, anthropologischen, historischen und gar zoologischen Wurzeln dieser Erkenntnisse legen sollte, mag sich zu Gemüte führen Peter A. Kropotkin, „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“, 1908

Es gibt eine Rezension dieses Werks von Thomas Heinrichs.

Also scheint die Selbstorganisation des Menschen so menschenverachtend nicht zu sein wenn man ihm denn die Gelegenheit dazu gibt, ohne ihn daran zu hindern per Staatsmacht (Gesetze, Gerichte, Polizei, Militär) oder subtiler gesellschaftlicher Gewalt bzw. Indoktrination (betrieblich gefordertes Duckmäusertum bis hin zur Drohung mit Jobverlust, Gehirnwäsche per Schule, propagandistische Lügenpresse). All das scheint im Online-Game „Pardus“ nicht vorzukommen.

Kommunismus versus realer Sozialismus:


Es würde sich doch gut machen, wenn man nicht nur über ein nie einzulösendes kommunistisches Ideal eines neuen, besseren und daher zwangsläufig pervertierten Menschen spintisieren müsste, sondern diesen Quatsch quasi auch noch am politisch wie militärisch bekämpften und mittlerweile zumeist niedergemachten Objekt beweisen könnte. Da nimmt es nicht Wunder, dass diejenigen politischen Staaten oder Systeme des realen Sozialismus, die von interessierter kapitalistischer Warte aufgrund politischer Gegnerschaft als angeblicher Kommunismus etikettiert wurden, als von vornherein zum Scheitern verurteilte Geißel oder Perversion der Menschheit charakterisiert werden.

Nochmals der letzte Absatz aus dem Zitat von Metapedia: „Konservative Denker verweisen dagegen darauf, daß der Mensch nicht nur zum Guten befähigt ist und alle Versuche, die Besserung der Menschen durch künstliche Systeme zu erzwingen und die ideale Gesellschaft zu erzeugen, nur die Hölle auf Erden geschaffen haben. Die Umsetzung der kommunistischen Ideale ging historisch immer mit massivem Zwang von staatlicher Seite vor sich.“
Metapedia, Artikel „Kommunismus“

Die Formel lautet in völliger Schlichtheit:

Beendigung des Kapitalismus → künstliches System → vergebliche oder gescheiterte Besserung des Menschen → kommunistische Hölle!

Wenn das nicht höllisch einprägsam ist.

Was war denn nun so teuflisch bzw. angeblich kommunistisch am realen Sozialismus? Dass die Ausbeutung durch die Kapitalisten (neudeutsch „Unternehmer“, weil sie etwas unternehmen, wozu anderen die Mittel fehlen) abgelöst wurde von der Ausbeutung durch den Staat als reellen Gesamtkapitalisten. Denn das war die Kampfansage an die herrschende Klasse in der Marktwirtschaft. Highlights bürgerlicher Freiheiten wie Ferienreise nach Mallorca anstatt wegen des Eisernen Vorhangs an das Schwarze Meer sowie Konsum von Bananen außerhalb der Weihnachtszeit waren natürlich schlagende Argumente der Politiker und der ihnen willfährig folgenden Journaille, die sich außerhalb dieses ideologischen Kleinkrieges herzlich wenig um die der Arbeiterklasse gewährten weltlichen Genüsse scherten, solche Segnungen des Wirtschaftswunders aber gut gebrauchen konnten, um das Arbeitsvolk bei Laune zu halten.

Ein bisschen Systemvergleich sollte jetzt angesichts dieses schwachmatischen Propagandafeldzuges gegen den Kommunismus schon sein. Denn wenn schon die wirklichen Differenzen zwischen beiden Systemen durchaus bescheiden anmuten, wie intellektuell anspruchsvoll ist dann erst die Gleichung realer Sozialismus = Kommunismus?

Wie dürftig sich das Reich des Bösen vom himmlischen Pendant real unterschied, ließ sich ja schon daran konstatieren, dass in dieser Horror-Ökonomie „allerlei vertraute kapitalistische Einrichtungen auftauchen wie Gewinn, Kredit, Lohn und Prämie, allerdings unter dem Titel ökonomische Hebel, d.h. nicht als Bilanzposten kapitalistischer Unternehmungen, sondern als das Handwerkszeug des sozialistischen Staates, mit dem er seine Ökonomie auf Vordermann zu bringen gedenkt.“
Artikel „Sowjetunion heute“ in MSZ 19, Oktober 1977, 2. Kapitel „Lohnarbeit und Staat“

Vergessen wurde bei dieser Aufzählung natürlich das Geld als unverzichtbares Mittel der Scheidung in Arm und Reich. Und wenn der Lohn als Kostenfaktor dem Gewinn im Wege stand, kann man sich ja vorstellen, auf wessen Rücken dieses Dilemma gelöst wurde. Kommt einem auch irgendwie bekannt vor. Das sollte also die „Umsetzung der kommunistischen Ideale“ gewesen sein?

Realsozialistische Ökonomie und Effizienz – eine contradictio in adjecto:

„Und wenn einem selbst nichts gehört, dann ist man auch nicht dazu motiviert, sich um den Erhalt der Dinge zu kümmern. Deshalb war auch vieles sehr verlottert und kaputt in so genannten kommunistischen Staaten.“
„Was ist was“, Artikel „Was ist Kommunismus?“

Das galt insbesondere für die Raketen, mit denen die „so genannten kommunistischen“ Russen immerhin eine atomare Abschreckung gegen die Hegemonialmacht USA installierten und sich fortwährend in die Erdumlaufbahn schießen ließen. Jetzt im Ernst: Dass es in einer Ökonomie, die sich der zuvor genannten „Hebel“ bedient, anstatt sich allein nach den Kriterien Bedürfnisse, Ressourcen, Produktion und Distribution zu orientieren, zwangsläufig zu irrationalen Resultaten kommt, grenzt schon fast an eine Tautologie. Die planerische Glanzleistung im realen Sozialismus, der Maxime der Kostenminimierung bei gleichzeitiger Steigerung der Produktion zu frönen, führte notgedrungen zu Qualitätsproblemen, die im Kapitalismus natürlich nie vorkommen, weil dort einzig und allein zur Versorgung des Konsumenten mit qualitativ hochwertigsten und langlebigen Gütern produziert wird … Ein solches in den märkischen Sand gesetztes, „verlottertes“ Großprojekt wie der Flughafen Berlin-Brandenburg wäre natürlich im Kapitalismus nie und nimmer … – Stopp! Dieses Baugelände wurde ja schon vor langem von der BRD vereinnahmt.

Überheblichkeit was etwa den Vergleich des Bruttoinlandsprodukts BRD versus DDR betrifft, würde kleinlauter zur Schau gestellt werden, wären die durchschnittlichen BIP-Wachstumsraten zwischen 1951 und 1989 breiter bekannt: BRD 4,3 %, DDR 4,5 % – so miserabel nicht für ein angeblich marodes Land. Und wer sich nun für die Frage interessieren sollte, warum die DDR denn ökonomisch der BRD hinterherhinkte, wird auf dieser Webseite fündig werden.

Jetzt aber ein neuer Versuch, den Begriff „Hölle“ auf realsozialistischer Scholle zu rechtfertigen: Freiheit statt Sozialismus! Wer denkt da nicht zuerst an die ostblockierte Reisefreiheit, die an bulgarischen Schwarzmeergestaden oder mitunter tödlichen Grenzbefestigungen endete. Gesetze, die die Freiheit reglementieren, soll es dem Vernehmen nach auch in kapitalistischen Staaten geben. Man betrachte nur die unverblümten Einschränkungen im Grundrechtekatalog des Grundgesetzes, zum Beispiel Artikel 2:

„(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“


Und so geht es munter weiter. Erst wird ein Recht gewährt und in einem Atemzug wird es wieder auf das noch Tragbare eingeschränkt. Am Ende muss man Jurist sein, um einigermaßen erahnen zu können, was erlaubt ist und was nicht. Was bei Freiheits-Verbots-Bilanzen solcher Systeme am Ende unter dem Strich bleibt, mag jeder nach Gusto für sich selbst entscheiden. Viel nehmen sie sich nicht. So sprechen gehässige Zeitgenossen ja beispielsweise schon von der „DDR 2.0“. Sich als glühender Anhänger eines Systems und als Feind des anderen zu gerieren, offenbart jedenfalls Bescheidenheit in Charakter und Denken.

Aber alles wird überstrahlt vom Vergleich der 99 %-Einheitslisten-Scheinwahlen im Blockparteiensystem mit der Errungenschaft der demokratischen Wahlen, insbesondere der Wahlfreiheit, die einen mit dem Recht beglückt, alle paar Jahre für die präferierten Parteipolitfiguren votieren zu dürfen und diese damit zu legitimieren, dem Stimmvieh zwischen den Wahljahren unter Anwendung des staatlichen Gewaltmonopols Vorschriften zu machen. Das erleichtert die Identifikation mit dem Staat doch ungemein. Die dümmsten Kälber … Sollte sich zwischen den Wahlen Unzufriedenheit breit machen, kann den Politikern am Ende der Wahlperiode die verdiente Rechnung per Wechselwahl präsentiert werden. Damit wird der demokratische Sozialismus doch locker vergleichsweise als verkrustetes Kader- bzw. Nomenklatura-System entlarvt. Und wenn im Kapitalismus die alteingesessenen Politschranzen (natürlich nicht zu verwechseln mit linientreuer Nomenklatura) an ihren Futtertrögen Konkurrenz von ungebetenen Parvenüs (speziell mit rechter Gesinnung) bekommen, werden diese mithilfe der medialen Lügenbrigaden (z. B. Extremismusvorwurf) und allen Tricks des Rechtsstaats (z. B. Änderung der Parteienfinanzierung) bekämpft. Notfalls gibt es ja auch noch das Parteienverbot per Bundesverfassungsgericht, deren vom Parteienklüngel gewählte Richter, wenn's um's Ganze geht, sich schon daran erinnern werden, wem sie ihre Pfründe zu verdanken haben. Womit jetzt aber nicht der ausdrückliche Vorwurf der Korruption erhoben werden soll. So muss man ja zum Beispiel den von einem bekannten Professor und Juristen laut Welt Online, Artikel „Unternehmer bringen Verfassungsrichter vor Gericht“, gegenüber dem Bundesverfassungsgericht erhobenen Vorwurf der Beihilfe zum „Staatsstreich“ in der Euro-Politik nicht sofort zwangsläufig mit Korruption gleichsetzen. Wie wäre es mit vorauseilendem Gehorsam gegen üppige Alimentierung?

Wen es interessieren mag, wie das Bundesverfassungsgericht mit dem Rechtsstaatsprinzip umgeht, dem sei der Artikel von Hadmut Danisch "Krieg um die Machenschaften des Bundesverfassungsgerichts…" ans Herz gelegt. Danisch spricht nachvollziehbar vom "korrupten Sauhaufen von Verfassungsgericht" und "ideologisch-korrupten-akademischen Betrugskomplex".

Weniger Grund zur Verherrlichung gibt es für die staatlichen Zuwendungen im Kapitalismus gemäß Sozialstaatsprinzip, die das Ziel verfolgen, die kapitalistische Ausbeutung noch reibungsloser zu gestalten und deren Opfer – möglichst auf ihre eigene Kosten – über Wasser zu halten. Denn dergleichen kannte der reale Sozialismus auch und nicht zu knapp. Soziale Wohltaten waren ja sein Aushängeschild. Dass im demokratischen „Wohlfahrtsstaat“ die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nicht zuletzt per Wahlgeschenke, die dem Beilaunehalten der Parteiklientel geschuldet ist, das Demokratieprinzip und die inkludierten freien Wahlen aus banal mathematisch-finanziellen Gründen der Verschuldungsentwicklung unausweichlich in Frage stellt, wird vorläufig öffentlich nicht thematisiert – bis zum endgültigen Finanzcrash. Eine Diktatur oder eine von manchen schon vorhergesagte absolutistische Monarchie könnte zumindest diese Problematik zusammen mit der Einführung des Goldstandards beseitigen.

Und von wegen Planwirtschaft:

„… wie die Koordination des Wirtschaftsprozesses unter kommunistischen Bedingungen konkret zu erfolgen hat und unter welchen Ordnungsbedingungen dieser Zustand erhalten werden kann, wurde bis heute nicht schlüssig abgeleitet. V.a. das Koordinationsproblem wurde, abgesehen von einigen vagen Hinweisen, von Marx und Engels nicht analysiert. Auch die bisherigen empirischen Erfahrungen mit kommunistischen und sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen deuten darauf hin, dass solche Systeme langfristig nicht funktionsfähig sind.“
„Gabler Wirtschaftslexikon“, Stichwort „Kommunismus“

„Die bisherigen empirischen Erfahrungen mit kommunistischen … Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen deuten“ auf gar nichts hin, weil es diese (im Gegensatz zu realsozialistischen Systemen) überhaupt nicht gab oder gibt. Dass die realsozialistischen Ökonomien sich eine angebliche Planwirtschaft zugute hielten, ist purer Euphemismus. Angebliche Planung mittels der oben erwähnten ökonomischen Hebel und die Notwendigkeit von Stimulierungen ist das Eingeständnis von zumindest partieller Planlosigkeit. Ein umfassender, durchdachter, verbindlicher und befolgter Plan bedarf keiner Hebel.

Wie chaotisch es dort zuging, macht folgende Schilderung aus „The Guardian“, 22.10.1959 (zitiert nach Ernest Mandel, „Marxistische Wirtschaftstheorie“, 2. Band, S. 746 f.), deutlich:

„Die Aufstellung von Plänen, die bis in kleine Einzelheiten alles quantitativ festlegten, machte diese zu starr, weil sie veränderten Kundenwünschen nicht mehr Rechnung trugen … Verwendete man stattdessen mehr Wertgrößen, so ermutigte man die Tendenz, die Produktion auf die Herstellung solcher Güter zu lenken, deren Wert (-Einheit) sehr groß ist. Das Bestreben, die Effizienz durch die Produktivitätsindizes zu kontrollieren, führte indes dazu, daß die Produktion von Gütern, in denen eine große Menge Arbeit steckt, zurückging. Indizes zur planmäßigen Senkung der Kosten liefen darauf hinaus, daß Qualität und Vielfalt der Produkte zurückging und die Aufnahme neuer Erzeugnisse in die Produktion gehemmt wurde. Wenn die Planer jedoch Störungen und Verzerrungen entdeckten, die durch diese verschiedenen Indizes verursacht waren, dann neigten sie dazu, neue Indizes einzuführen, um diesen Verzerrungen entgegenzuwirken, bis es so viele Indizes gab, daß nun gleichsam die Subjekte und Objekte der Planung in ihrer Bedeutung in den Hintergrund traten.“

Planwirtschaft war also nicht gerade ein Gütesiegel des in die ewigen Jagdgründe eingegangenen realen Sozialismus. Umgekehrt war dessen Selbstaufgabe kein Beleg für die Unmöglichkeit von Planwirtschaft. Wer auf eine derartige plumpe „Beweisführung“ ob ihrer Durchschaubarkeit verzichtet, jedoch gleichwohl dem grundsätzlich vorgezeichnetem Scheitern jeglicher planwirtschaftlicher Experimente das Wort redet, sei mit folgendem realkapitalistischen Vergleich konfrontiert:

„Nun gibt es Leute, die … darauf bestehen, dass ein Plan – 1 Plan! – die Bedürfnisse und Produktion einer kompletten Gesellschaft noch viel weniger koordinieren könnte, weil sich so viele divergierende Interessen doch gar nicht planmäßig ermitteln und kombinieren ließen. Interessanterweise lassen sich diese Zweifel, ob wirtschaftliche Abläufe und kooperative Zusammenhänge im Voraus planbar seien, so gar nicht verunsichern von einem Blick in die Realität, auf die der Zweifler sonst so entschieden pocht: Kapitalistische Firmen planen ihre Produktion, ihre Materialbeschaffung und ihren Warenausstoß bis ins kleinste Detail. Wie ein Uhrwerk funktioniert nicht nur ein Betrieb, sondern die ganze Produktionskette mit Lieferanten und Abnehmern, ‚Just in time‘ – halt für den Profit, für den hierzulande alle Arbeit verrichtet wird. Für einen anderen Zweck als ausgerechnet für den Konkurrenzkampf ums Geld der Gesellschaft soll Planung aber schlechterdings nicht machbar sein!“
Artikel „Warum wir nicht mit einem "durchdachten planwirtschaftlichen Konzept" für den Kommunismus werben“ in der Zeitschrift „Gegenstandpunkt“ 1-2004, Seiten 63 ff.

Aperçu am Rande:
Die Fetzenschädel von der FAZ glaubten, ihrem elitär-angepassten Publikum mit folgendem Geisteserguss aus dem Herzen zu sprechen:

„Der Aufbau einer modernen, hochtechnisierten Wirtschaft ist außerdem so kompliziert, daß keine noch so geniale, mit Supercomputern ausgerüstete Planungsbürokratie je in der Lage wäre, die ungeheure Vielfalt von Güter- und Kapitalströmen zu lenken. In einer freiheitlichen Marktwirtschaft stellen dagegen Tausende frei entscheidender Unternehmer täglich einzelne Wirtschaftspläne auf und revidieren sie ebenso schnell.“

Bei zumindest einem Leser namens Karl Held kam diese grenzdebile Propaganda weniger gut an:

„Das sollte sich doch die Bundesbahn mal zu Herzen nehmen! Ein Fahrplan zur Lenkung der "ungeheuren Vielfalt" der Güterzüge, das kann ja nicht gutgehen. Aber Tausende frei entscheidender Bahnwärter, Weichensteller und Fahrdienstleiter, die ihre Entscheidung ebenso schnell revidieren, das schafft Ordnung im deutschen Eisenbahnverkehr.“

Gerade im Computerzeitalter wird man sich nicht mehr darauf herausreden können, dass ein detaillierter ökonomischer Plan eine Überforderung darstellt. Um es auf die („bürokratische“) Spitze zu treiben: Mit einem Großrechner, an den weltweit alle Terminals von Wissenschafts- und Ingenieursinstitutionen, Rohstoffproduzenten, Produktionsbetrieben und Distributionsstellen bis zum letzten „Tante-Emma-Laden“ angeschlossen sind, die fortwährend alle relevanten Vorgänge bis zur (natürlich kostenlosen) Aushändigung einer Schraube an einen Konsumenten blitzschnell an die zentrale EDV-Anlage weitermelden, die wiederum all diese Informationen sofort zur Anpassung des Plans verwendet und entsprechende Befehle an das Räderwerk übermittelt, wäre ein effizientes Netzwerk geschaffen, das höchstmögliche Produktivität, damit maximale Entlastung von überflüssiger Arbeit und so nebenbei auch einen hohen Lebensstandard der Menschen garantieren würde.

Eine naive Utopie? Nicht laut Philipp Dapprich, der in einem Artikel von „Telepolis“ vom 17.4.2020 mit dem Titel „Krisen sind ein guter Grund, auf Wirtschaftsplanung zu setzen“ vorgestellt wurde. Er beschäftigt sich im Rahmen einer Doktorarbeit an der Universität Glasgow mit dem Aufbau einer Computersimulation einer Planwirtschaft und soll hier dank seiner Pionierleistung ausführlich zu Wort kommen:

„Durch das lineare Programmieren wird unter gegebenen Bedingungen ein optimaler Produktionsplan berechnet. Das heißt, dass nach dem berechneten Plan mit den vorhandenen Produktionsmitteln so viel wie möglich hergestellt wird. Was an meiner Simulation neu eingeführt wurde, ist, dass die Art von hergestellten Produkten sich dynamisch an die Nachfrage der Endverbraucher anpasst. Eine ähnliche Idee hatten mein Betreuer Paul Cockshott und sein Co-Autor Allin Cottrell schon in ihrem Buch "Alternativen aus dem Rechner".“

„Optimieren heißt immer, dass der Wert einer mathematischen Funktion, genannt die Zielfunktion, maximiert wird. Die Zielfunktion gibt in meinem Modell an, wie viel Konsumgüter hergestellt werden sollen. Es soll also der Plan berechnet werden, mit dem am meisten hergestellt werden kann. Dabei müssen aber bestimmte Randbedingungen berücksichtigt werden. Diese geben etwa an, wie viel Arbeitskraft, Ressourcen, Maschinen, usw. für ein bestimmtes Produktionsverfahren benötigt werden. Gleichzeitig sind die vorhandenen Ressourcen begrenzt. … Ebenso muss berücksichtigt werden, wie viele Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und wie lange diese arbeiten.“

„Eine Sorge, die mir oft zu Ohren kommt, ist, dass es dabei kaum noch Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Menschen gibt. Doch es gibt dafür bedeutende Möglichkeiten sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Der Optimierungsprozess soll nur dafür sorgen, dass die Entscheidungen der Menschen möglichst effektiv und ohne Verschwendung umgesetzt werden. Wir können weiterhin entscheiden, was wir als Einzelne konsumieren wollen und der Plan wird dann daran angepasst. Gleichzeitig können wir als Gesellschaft festlegen, was die Randbedingungen sind.“ Folgenden CO2-Emissionsschwachsinn hätte sich Dapprich besser sparen sollen:
„Zum Beispiel sollten wir wohl im Angesicht des Klimawandels unsere CO2 Emissionen deutlich begrenzen.“

„Auch die Arbeitszeit könnte durch demokratische Entscheidung begrenzt werden, wenn fortschreitende Automatisierung dies möglich macht.“

„Informationen über den Verbrauch von Konsumgütern werden ja auch jetzt schon im Supermarkt durch einen Barcode erfasst. Solche Informationen könnten dann direkt über das Internet weitergeleitet werden. Dann können Produktions- und Lieferpläne an diese Informationen angepasst werden. Das erfordert jedoch durchaus ein gewisses Maß an Zentralisierung. Relevante Informationen müssten in einem zentralen Rechner zusammengetragen werden, damit diese bei der Berechnung des Wirtschaftsplans berücksichtigt werden können. In der Wirtschaft gibt es ja enorme Vernetzungen und Abhängigkeiten. Die Produktion eines Fahrzeugherstellers hängt etwa davon ab, dass von einem Stahlwerk genug Stahl geliefert wird. Gleichzeitig ist auch relevant, wo der Stahl sonst noch verwendet werden könnte, und wofür die Fahrzeuge eventuell gebraucht werden. Keine dieser Einheiten kann also in Isolation entscheiden. Die beste Lösung dafür ist meiner Meinung nach, die Informationen in den einzelnen Betrieben zu sammeln und auf einem zentralen Rechner zusammenzutragen. Die Informationsübertragung ist dank des Internets ja nicht mehr schwer.“

„Wenn die kapitalistische Privatwirtschaft versagt, muss die gesellschaftliche Planung halt übernehmen. … Wenn der Kapitalismus wirklich in einer tiefen Krise steckt, und ich denke, einiges deutet darauf hin, dann wird es dem Autoritarismus nur nützen, wenn wir keine bessere Alternative bieten können. Wir sehen ja bereits wie sich weltweit Autoritarismus und Nationalismus breit machen.“

Corona, ick hör dir trapsen. Der (aus Sicht vom 28. April 2020) weltweite, politisch (anstatt medizinisch) veranlasste Shutdown-Irrsinn angesichts einer mit normaler, alljährlicher Influenza vergleichbaren Infektionswelle und die daraus resultierende Zerlegung der in „Arm“ und „Reich“ scheidenden Weltwirtschaft könnte ein Anlass sein, sich näher mit diesem Konzept zu befassen.

Worauf wartet man noch? Auf den Einspruch der Kapitalisten und der ihnen treu ergebenen Politiker, die alle zu Recht ihr Biotop in Gefahr sehen?

Man mag zum Kommunismus stehen wie man will, man mag Kapitalismus-Fan oder Kommunismus-Fan sein oder sich schafsgemäß aus allem raushalten, die theoretische Unmöglichkeit des Kommunismus oder umgekehrt seine behauptete Existenz im Ostblock oder anderen realsozialistischen Ländern ist jedenfalls politisch motivierter oder schlicht hirnloser Nonsens.






 

Ende Gelände ♦ Aus die Maus ♦ Schicht im Schacht ♦ Klappe zu - Affe tot

So long ♦ See You Later, Alligator - In A While, Crocodile ♦ Over And Out